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Trailrunning Camp Spielberghaus - Berge und andere Abenteuer

Nico kennen wir nun schon länger und das ein oder andere Laufabenteuer haben wir schon zusammen erlebt. Sei es etwas entspannter auf dem Heidchnuckenweg oder das gemeinsame wilde Abenteuer von Nico mit Laura beim Dragons Back Race.

In den letzten Monaten lief sie etwas weniger, dafür kümmerte sie sich immer mehr und mehr um den eigenen Garten und andere spannende Themen.

Groß war da bei uns die Freude, als sie sich entschlossen hat mit zum Trailcamp nach Saalbach-Hinterglemm zu kommen.

Ihre Eindrücke und Erlebnisse teilt sie mit uns in den folgenden Zeilen:

Samstag, 11.6. – LOSFAHREN

Endlich Urlaub. Und dann das: Beim nächtlichen Schneckensammeln an meinen Gemüsebeeten sticht mich eine Wespe. Ins Augenlid. Kleine Panikattacke. Die ganze Nacht Eiswürfelmaske erneuert und Mitbewohner genervt. Kaum Schlaf. Morgens sieht das Auge aber ganz gut aus. Und gucken kann ich auch. Also im Garten nochmal nach dem Rechten sehen und los.

Auf den Straßen bin ich fast allein unterwegs. Ich höre ein gutes Buch und steuere nach gut 2 Stunden einen Supermarkt an, um mir ein famoses Abendessen zu gönnen. Aber das famose Abendessen fällt aus. Ich habe mein Portemonnaie zu Hause vergessen. Schlaflose Nächte führen selten zu erfolgreichen Tagen …

Zurück fahren oder nachschicken lassen? Ich entscheide mich für letzteres, freue mich, daß ich nicht ganz ohne Verpflegung unterwegs bin, und mache mich wieder auf den Weg. Eine Raststätte bei Irschenberg wird mein Nachtlager. Jumpys. Rotwein. Und die böse Erkenntnis: Für die Toilette bräuchte man Bargeld … 

SONNTAG, 12.6. – ANKOMMEN

Um kurz vor 8 wache ich auf und habe geschlafen wie ein Stein. Wunderbar. Allerdings ist mein Auge dick und matschig. Egal. Weiter geht’s. Ab hier ohne Autobahnen, denn Geld für das Maut-Ticket habe ich natürlich auch nicht. 

Schon vor 11 komme ich am Spielberghaus an. Und bin gleich verliebt. Diese Lage. Dieses viele Holz. Dieses himmlische Blau über allem. Ich mache es mir auf der Terrasse gemütlich, lerne unfreiwillig, was ein Kaffee Affogato ist und trinke von da an Radler. Nach und nach trudeln auch Carsten, Laura und Marla, Melli und Ute, Anke und Svenja ein. Was für ein herzlicher Empfang. Als die eine, die nicht alle anderen kennt, fühle ich mich gleich total willkommen.

Was mich dann allerdings leicht schockiert: Es ist noch ein gemeinsamer Lauf geplant. Und ich hatte gedanklich schon alle Viere von mir gestreckt … Aber einmal unterwegs, tut es dann richtig gut, sich noch ein bißchen zu bewegen. Wir lassen es gemütlich angehen. Und Mastereye Carsten macht unterwegs ganz sagenhafte Fotos. Ich sehe darauf aus, wie der Trailrunner, der ich mal gewesen bin. Und die Beine fühlen sich auch fast so fit an, wie sie auf Carstens Fotos aussehen. Wer hätte das gedacht?!

Nach dem gemeinsamen Essen die „pearls of the day“. Eine Tradition, die ich von Laura und Carsten schon kennen und lieben gelernt habe: Reihum erzählt jeder vom schönsten und schwierigsten Moment des Tages. Das fällt nicht allen immer leicht. Aber es ist wunderbar, wie man sich so kennenlernt. Und das Feedback/die Unterstützung der anderen kann einen schweren Moment unversehens in eine „Perle“ verwandeln. Ich liebe das. Mein schönster Moment heute: ein Kompliment. Carsten sagte, daß ich mich auf dem Trail immer noch wie ein Trailrunner bewege. Es überrascht mich, wie groß meine Freude darüber ist, denn meine Entscheidung, mehr Gärtner als Läufer zu sein, hab‘ ich ja ganz bewußt getroffen. Trotzdem: Tat einfach gut, das zu hören.

Montag, 13.6. – AUSPROBIEREN

Das Wetter ist lange nicht so strahlend wie gestern. Tiefe Wolken hängen im Tal. Es ist Regen angesagt. Wir beschließen, daß wir das mindestens genauso hübsch finden und es uns ansonsten schnurzpiepe ist. Wir organisieren uns nach Lust und Laune, Trainingsstand und (Un)Vernunft. Ich hätte nicht gedacht, daß ich in diesen 4 Tagen Lust zum Laufen haben würde. Aber ich habe Lust zum Laufen. Und so schließe ich mich Svenja und Anke an. Svenja guidet heute die lange Runde: etwa 14 km über den Saalachtaler Höhenweg. Ich bin ein bißchen besorgt und sehr doll gespannt: Mein letzter Lauf von ähnlicher Distanz war im März. Der letzte mit ähnlich vielen Höhenmetern vor fast einem Jahr. Ich möchte die beiden nicht aufhalten. Schnell stelle ich aber fest: Die beiden halten sich selbst auf – mit gekonnten Selfie-Shootings an allen besonders fotogenen Stellen. Ich zieh‘ mir die Jacke an und freue mich über die schönen Pausen, die schönen Bilder, die schöne Aussicht, und vor allem über die blendende Stimmung. Auf dem Downhill noch eine Begegnung mit mächtig anhänglichen Pferden, ein etwas zu langer Endspurt und am Ende das Fazit: Toll war’s. Grün und nass. Fluffig und wurzelig. Und wir haben viel gelacht. Es ist ein großartiges Gefühl, mit den beiden mithalten zu können, ohne daß es mir Stress macht. Aber meine „Perle“ heute kommt von Zuhause: Guido schreibt, daß er die Radieschen noch einmal „vereinzelt“ hat. Und fragt, ob in den Kästen schon etwas gesät ist. Ich freu mir ein Loch in den Bauch. Er kümmert sich also doch ein bißchen.

Dienstag, 14.6. – ABSICHERN

Auch heute wache ich wieder mit einem dicken Matsch-Auge auf. Gefühlt noch etwas matschiger als gestern und vorgestern. Ich mache mir Sorgen. Und ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich will zum Arzt fahren. Ich will aber auch einfach liegen bleiben und die Decke über den Kopf ziehen. Und ich will auf keinen Fall das Highlight verpassen: die Tour auf den Hausberg, das Spielberghorn. Ich mag mich selbst nicht in diesem Zustand. Und ich mag mich erst recht nicht den anderen zumuten. Ich gehe trotzdem zum Frühstück. Und der Zuspruch tut mir gut. Schnell entscheide ich: Ich fahre zum Augenarzt nach Zell am See. Und ich habe nichtmal das Gefühl, daß ich mich schlecht fühlen muß, weil ich mir von den anderen Geld zusammenleihe. Ich packe noch Schwimm- und Laufsachen ein. Aber eigentlich mag ich mich schon beim Losfahren bloß irgendwo in den Schatten legen und lesen. Die Praxis ist super nett. Aber es dauert – so lang, wie es eben dauert, wenn man ohne Termin einen Facharzt aufsucht. Viel tun kann der Doc dann nicht. Aber immerhin habe ich hinterher die Gewissheit, daß kein Rest vom Wespenarsch in meinem Auge steckt. Und ein Rezept für Tropfen und eine Salbe habe ich auch. Statt Schwimmen oder Laufen fahre ich direkt zum Spielberghaus zurück. Und statt ein ruhiges Eckchen zum Lesen erwarten mich die anderen, die von ihren verschiedenen Touren auch schon zurück sind. Ich bin ein bißchen erschlagen. Aber als Carsten dann ganz unschuldig fragt, ob ich noch plane, ein Stückchen zu laufen, ist das eindeutig mein Moment des Tages. Binnen Minuten sind wir umgezogen und startklar. Wir holen die Tour zum Spielberghorn einfach nach. Bergauf staune ich über wieder über die Leichtigkeit, mit denen meine Beine mir diesen Ausflug ermöglichen. Bergab muß ich mächtig leiden und habe ein schlechtes Gewissen, weil ich Carsten doll aufhalte. Der könnte den Berg trotz seines abgelaufenen Profils lässig heruntertänzeln … Zudem weht ein mächtig frischer Wind und wir sind fast die ganze Zeit im Schatten. Ich friere. Aber zurück am Haus bleibt nur: Was für eine geile Tour!

Mittwoch, 15.6. – ANNEHMEN

Heute steht schon die Abschiedstour an. Aber wir sind doch gerade erst angekommen?!? Die Erkenntnis macht uns alle ein klein wenig wehmütig. Trotzdem brechen wir voller Vorfreude nach Hinterglemm auf. Wir fahren mit der Gondel hinauf in Richtung Zwölferkogel. Von der Bergstation sind es noch etwa 200 Höhenmeter zum Gipfel hinauf. Ich überlege, bei Carsten und Marla zu bleiben und es ganz gemütlich anzugehen heute, habe dann aber doch Lust auf den Aufstieg und gehe mit Laura und Ute. Ute hat schon eine Menge erlebt und erlitten. Mich beeindruckt, wie viel Optimismus, Lust am Genuss und Entschlossenheit in ihr stecken. Aber heute hat sie zu kämpfen. Der Kreislauf. Die Angst. Das Kino im Kopf. Es ist schwer, zu sehen, daß sie leidet. Aber auch solche Krisen muß man annehmen. Ich hoffe, ich konnte ihr ein bißchen helfen auf dem Weg zum Gipfel – und auch dabei, Ihre Gedanken und Erwartungen für Ihren Wettkampf am Samstag im Zaum zu halten. Als es vom Gipfel aus in fröhlichen Wellen auf und ab auf dem Grat entlang geht, tanzt sie vor mir auf dem Berg. Was für ein schönes Bild! Und auch als wir noch einen knackigen Anstieg meistern müssen, geht sie voran wie ein Uhrwerk. Ich ziehe meinen Hut. Da könnten sich so viele Menschen so viele Scheiben von abschneiden. Und so ist mein Highlight des Tages spät am Abend: Als ich erfahre, daß ein Kompliment, das ich ihr gemacht habe, heute eine von Utes „Perlen“ war. 

Donnerstag, 16.6. – AUFWEICHEN

Gemeinsames Frühstück. Hektisches Packen. Herzlicher Abschied. Und im Herzen schon die Vorfreude auf ein Wiedersehen. Heute haben wir alle verschiedene Pläne. Ich muß bleiben, weil mein Portemonnaie noch immer nicht angekommen ist. Die anderen fahren weiter zu verschiedenen Wettkämpfen am Wochenende. Auch den Abschied vom Haus gestalten wir total unterschiedlich. Ich kann meinen Aufenthalt nicht verlängern, muß also die nächsten Tage irgendwo in der Nähe im Auto schlafen. Ich bin übellaunig. Und weiß auch nicht recht etwas mit dem Tag anzufangen. Das Wetter ist mäßig. Es ist Gewitter angesagt. Wirtin Helga gibt mir den Tip: Aufstieg zur Steinalm von Saalfelden aus. Sobald ich einen Plan habe, treibt es mich weg vom Spielberghaus. Schon auf dem Weg gerate ich in einen ordentlichen Regenguss. Als ich losmarschiere, scheint wieder die Sonne. Ich bin begeistert von der Einsiedelei und den schmalen, seilversicherten Treppen, die mich bergauf führen. Als ein bißchen Regen einsetzt, stört mich das gar nicht. Kurz vor der Alm wird der Regen aber stärker. Hagel kommt dazu. Als ich fast schon da bin, ein Blitz, ein Donner, viel zu nah. Fuck. Ich erreiche die Alm pudelnaß aber unbeschadet. Und statt böser Kritik, daß ich bei dem Wetter draußen bin, schlägt mir Lachen und Mitgefühl entgegen. Die heiße Schokolade, die ich bestelle, verzaubert mein Tischnachbar mit einem regionalen Apfelschnaps. Nie hat ein Kakao so gut geschmeckt. Für den Abstieg scheint dann wieder die Sonne und ich schlendere im Zickzack durch eine wilde Blumenwiese. Schade, daß ich das nicht mehr mit den anderen teilen kann.

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Kommentare: 2
  • #1

    Svenja (Mittwoch, 22 Juni 2022 22:07)

    Toll geschrieben, liebe Nico, da finde ich unsere Stimmung definitiv wieder ☺️ Ich freue mich schon auf ein Wiedersehen- in der Eifel oder irgendwo, ganz gleich…

  • #2

    Ute (Montag, 07 August 2023 14:42)

    Beim stöbern durch die Seiten bin ich erst heute auf deinen Blog gestoßen und schon waren die Erinnerungen wieder da. Danke für den toll geschriebenen Blog.

Ihr wollt wissen, wo wir laufen, wann ihr dabei sein könnt und was uns gerade beschäftigt? Dann tragt euch hier ein!